Ich forsche seit 8 Jahren zum Thema Depression und habe dazu bereits einige Artikel veröffentlicht. Mein Schwerpunkt liegt auf der Akupunkturbehandlung von Punkten, die mit dem Herzen verbunden sind. Damit konnte ich sehr gute Ergebnisse erzielen und mehr als 100 Patienten erfolgreich behandeln. Dennoch gibt es Fälle von Depressionen, die schwer zu behandeln sind und bei denen die bisherigen Ansätze nicht zufriedenstellend wirken. Deshalb bin ich stets auf der Suche nach verbesserten Behandlungsmöglichkeiten.
Im letzten Jahr habe ich zwei Punkte auf dem Milz-Meridian entdeckt, die in alten chinesischen Texten als hilfreich bei Niedergeschlagenheit beschrieben werden. Nachdem ich diese Punkte in meine Behandlungsmethode integriert habe, konnte ich feststellen, dass sich die Ergebnisse erheblich verbessert haben. Selbst Patienten mit schwer behandelbaren Depressionen zeigten eine deutliche Besserung.
In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) haben die Begriffe „Herz“ und „Milz“ eine andere Bedeutung als in der westlichen Medizin. In der TCM steht das Herz in engem Zusammenhang mit der Psyche, während die Milz nicht nur mit der Verdauung, sondern auch mit Denken und Konzentration verbunden ist. Das Konzept der Milz in der TCM umfasst außerdem Teile des Dünndarms und der Bauchspeicheldrüse. Patienten, die häufig unter Blähungen, Durchfall oder Verstopfung leiden, werden in der TCM oft als „Milz-qi-schwach“ bezeichnet.
Akupunktur kann die Darmfunktion verbessern. Patienten mit Depressionen berichten häufig, dass Blähungen, Durchfall oder Verstopfung verschwinden, ihr Appetit reguliert wird, ihre Konzentration sich steigert und ihre Stimmung deutlich besser wird. Selbst bei Patienten ohne erkennbare Verdauungsprobleme zeigt die Behandlung von Milz-Meridian-Punkten oft positive Effekte.
Warum können Punkte des Milz-Meridians bei der Behandlung von Depressionen helfen? Eine mögliche Erklärung liefert die moderne Forschung zur sogenannten Darm-Hirn-Achse.
Die Darm-Hirn-Achse beschreibt die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn und zeigt, wie sich beide Systeme gegenseitig beeinflussen können. Dies geschieht auf mehreren Wegen:
- Über das Nervensystem: Der Vagusnerv ist die Hauptverbindung zwischen Darm und Gehirn. Er überträgt Signale in beide Richtungen. Zudem steuert das sogenannte „Bauchhirn“ – ein eigenes Nervensystem im Darm mit Millionen von Nervenzellen – unabhängig die Darmaktivitäten und arbeitet eng mit dem Gehirn zusammen.
- Über die Darmflora: Die Bakterien im Darm (Mikrobiota) produzieren Stoffe wie Serotonin, die direkt auf das Gehirn wirken. Ein gesundes Gleichgewicht der Darmflora ist entscheidend für die psychische Gesundheit.
- Über das Immunsystem: Der Darm ist das größte Immunorgan des Körpers. Entzündungen im Darm können das Gehirn beeinträchtigen, beispielsweise durch eine erhöhte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke.
- Über chemische Signale: Der Darm produziert Hormone und Botenstoffe wie Dopamin, die Stimmung, Denken und Verhalten beeinflussen können.
Was das bedeutet:
- Die Zusammensetzung der Darmflora kann Stimmung, Angst und Depressionen beeinflussen.
- Der Darm reguliert Hungergefühl und Stoffwechsel.
- Ein gesunder Darm kann Entzündungen im Körper reduzieren, was auch die Gehirngesundheit verbessert.
- Der Darm kann Gedächtnis und Konzentration positiv beeinflussen.
Störungen in der Darm-Hirn-Achse werden mit verschiedenen Krankheiten wie dem Reizdarmsyndrom, Depressionen, Alzheimer oder Parkinson in Verbindung gebracht. Maßnahmen wie eine angepasste Ernährung, Probiotika oder auch Akupunktur können helfen, die Funktion der Darm-Hirn-Achse wiederherzustellen und die allgemeine Gesundheit zu fördern.
Die Verbesserung meiner Akupunkturbehandlungen im letzten Jahr könnte genau darauf zurückzuführen sein: Durch die zusätzliche Behandlung von Punkten auf dem Milz-Meridian konnte ich die Funktion der Darm-Hirn-Achse stärken und somit die Wirkung auf die Psyche meiner Patienten deutlich verbessern.
Referenz
Gute Bakterien gegen Depressionen
Mikrobenkur könnte depressive Störungen lindern